Die Dan Ar Braz Werkschau – Teil 1: 1977 – 1979
Mrz 20th, 2017 by muelrich
Bereits auf Früh-70er-Platten von Alain Stivell taucht in der Besetzungsliste der Name Dan Ar Braz als Gitarrist auf. Da diese Platten bei mir hoch im Kurs standen/stehen, habe ich mir natürlich auch die erste Solo-Platte besorgt und ab da war ich Fan und begleite das Schaffen bis heute.
1977: Douar Nevez
Nach einem kurzen Klavierintro geht direkt die Post ab. Retour de Guerre ist ein Instrumental mit frickeliger Gitarrenmelodie und rockiger Begleitung. Da geht es sofort zur Sache. Irgendwo habe ich mal gelesen, diese Platte wäre Prog-Folk. Hier höre ich gar jazz-rockiges raus. Naissance de Dahud nimmt die Power raus. Hier wird es zu akustischer Gitarrenbegleitung und Flötenmelodie folkig. Bereits diese Melodie gibt einen Eindruck von der Ar Braz typischen Stimmung, die m.M.n. einzigartig im Kosmos bretonischer Folkmusik ist. Mort et immersion beginnt mit einer repetitiven Klavierbegleitung, gefolgt von einem ebenso sich wiederholenden Basslauf. Darüber kommt dann eine sehr getreagenen Melodie des Dudelsacks. Naissance de laville ist weitgehend akustische Gitarrenmusik, sphärisch untermalt, gefolgt von einer Nummer akustischem Fingerpicking. Seiter 2 der LP beginnt mit Orgies nocturnes. Hier wird wieder die E-Gitarre bedient, die gemeinsam mit Geige zur Rockbegleitung keltische Melodien spielt. Weiter geht es wieder mit Akustischer Gitarre, bevor in Les forces du mal von Rockbegleitung (hier: Orgel plus Rhythmusgruppe) getragen die E-Gitarre brilliert. L’appel du sage ist ein 7-Minüter mit Akustikgitarre, Dudelsack und einigen anderen akustischen/bretonischen Instrumenten. Hier steht die Stimmung im Vordergrund. Das nächste Stück wird beherrscht von der Dudelsackmelodie bevor mit Douar Nevez eine E-Gitarre über eine Akustikgitarrenbegleitung die Platte beschließt. Fazit: von Folk über Rock bis angeproggtes bzw. jaz-rockiges wird auf dieser Platte eine ungemein breite Palette an hochklassiger Musik begoten, die in sich stimmig ist. Mann kann durchaus Einzeltitel hören wie auch dieses Werk als Komplettpaket genießen.
1978 – Allez dire a la ville
Das Titelstück rockt direkt gut los. Die von der E-Gitarre gespielte Melodie dient als Intro, bevor Dan Ar Braz in französischer Sprache singt. Suite Ecossise ist Dudelsackmusik pur. L’amour kerne ist eine wundervolle vom Piano getragene Ballade, ebenfalls in französisch gesungen. Danach geht es wieder mit angejazzter Rockmusik und Gitarreninstrumental weiter. Toi fils de roi fils de rien ist eine gesungene Ballade mit rockigen Breaks und dynaischer Steigerung zum Ende hin. Hat auf 6 Minuten auch fast was proggiges. Seite 2 beginnt mit Farewell Bob Brown. Eine ruhige Nummer mit Dudelsack und E-Gitarre. Hier kann man zum ersten Mal erleben, dass Dan Ar Braz in seinem Gitarrensound die doch sehr unterschiedliche Hüllkurve eines Dudelsacksounds zu imitieren. Was auf späteren Platten durchaus als Trademark-Sound auftauchen wird. Requiem pur le jet ist wieder eine fusionartige Nummer. Mit Gesang. Les saisons ist eine akustische Gesangsnummer. L’amour lenzclaire hat in seinen Gitarrenarpeggios zu Beginn durchaus leichte Anklänge an Mahavishnu und bietet wieder instrumentale fusionbeeinflusste Musik. Abgeschlossen wird die Platte von einer Gesangsballade, die weitgehend nur von E-Gitarre begleitet ist.
1979 The Earth’s Lament
Die Platte beginnt mit einem Beatles-Cover, Rain. Jetzt singt Dan Ar Braz in englisch. Die Musik ist rockiger als bisher. Dennoch ist der bretonische Bezug durch Einsatz eines Dudelsacks gewahrt. to Rory ist wieder eines dieser fantastischen Instrumentals mit frickeliger Gitarrenmelodie. Der Fusionbezug ergibt sich hier durch den Einsatz eines MiniMoogs. Back to Life rockt wieder wie der Eröffnungssong. The piper’s glade ist eine getragene Hymne mit wunderschöner Dudelsack-Melodie und einem dynamischen Aufbau. Auch Seite 2 hält diese Bandbreite von rockiger und folkiger Musik bereit bevor die Abschlussballade The earth’s lament als E-Gitarreninstrumental zu E-Piano-Begleitung durchaus an Jeff beck erinnert.
Für alle drei Platten spreche ich unbedingte Kaufempfehlung aus. Wer zwischen Rock mit ganz gelegentlichen Prog-Anleihen und deutlichen Fusion-Groove-Anteil und elegischer bretonischer Melancholie exzellente Musik genießen möchte, bekommt hier drei Platten, deren stilistische Bandbreite bei späteren Werken nicht mehr erreicht werden wird.